Es gehört zu den wesentlichsten Aufgaben von Schulleitungen Schulentwicklungsprozesse an der eigenen Schule anzuregen, gemeinsam mit dem Kollegium in Gang zu setzen, zu begleiten und damit der eigenen Schule ein unverwechselbares Bild zu geben.
Wie in Unternehmen und anderen Ämtern auch, setzen Entwicklungsprozesse an Schulen immer ein langfristig gemeinsam mit dem Kollegium entwickeltes und umfassend diskutiertes Konzept voraus. Nur so kann erreicht werden, dass es von möglichst vielen Mitarbeitern mit getragen und umgesetzt wird.
Ich möchte nun auf einige grundlegende Bedingungen aus Schulleitungssicht eingehen, damit Schulentwicklungsprozesse strategisch sinnvoll geführt und langfristig wirken können. Gleichzeitig möchte ich Möglichkeiten und Chancen aufzeigen, aber sehr deutlich auch Schwierigkeiten und Risiken benennen, die den Prozess letztlich scheitern lassen können.
Schulentwicklung ist ein sehr vielschichtiger Prozess, der viele Gegebenheiten, Bedingungen und die Vernetzungen untereinander im komplexen System Schule berücksichtigen muss. Komplex muss aber nicht notgedrungen kompliziert heißen und das Verständnis von Systemen ist nicht unbedingt schwieriger als das von Einzeldingen, nur bedarf es dazu anderer Voraussetzungen, Instrumente und stimmiger Bedingungen.
Ein eigenes Konzept zu entwickeln, setzt die Fähigkeit voraus, sozusagen aus seinem System heraus zu steigen, es aus der Metaebene zu betrachten und dadurch Ziele exakt zu definieren sowie Entwicklungsmöglichkeiten und dazu notwendige Ressourcen zu erkennen. In der Schulleitung laufen in der Regel alle Fäden zusammen, deshalb kann diese Aufgabe zuallererst nur von der Schulleitung geleistet werden.
Eine wesentliche Aufgabe der Schulleitung ist die gezielte Qualifikation der Kollegen für spezielle Aufgaben an der Schule. Es gilt, die Kolleginnen und Kollegen zu fördern, zu qualifizieren, sie für spezielle Fortbildungen zu gewinnen, die für die jeweilige Aufgabe am besten geeignet und befähigt sind. Die Übertragung weitestgehend eigenverantwortlicher Aufgaben- und Verantwortungsbereiche trägt dem Entwicklungsgedanken im Sinne der Maslowschen Entwicklungspyramide Rechnung.
Häufig werden fehlende finanzielle Mittel als Begründung aufgeführt, dass bestimmte Vorhaben nicht realisiert werden können. Dem ist nur bedingt zuzustimmen, weil es vielfältige Möglichkeiten gibt, bestimmte Vorhaben über Projekte und Sponsoren zu finanzieren. In den vergangenen Jahren konnte unsere Schule durch verschiedene Projekte Fördermittel in Höhe von ca. 35000,00 € einsetzen. Hier ist die Aktivität und die Fähigkeit der jeweiligen Schulleitung oder von Kollegen gefragt.
Eine Aufgabe der Schulleitung ist es auch, den Prozess der Schulentwicklung zu evaluieren und daraus ggf. neue Arbeitsschwerpunkte abzuleiten. Die Ausbildung in Organisationsentwicklung hilft dabei ebenso, wie der Einsatz von externen Beratern.

Was hemmt nun den Prozess der Schulentwicklung?

Der Fakt, dass die Auswirkungen einer getroffenen Entscheidung zuerst an der Basis, also in den jeweiligen Schulen deutlich werden, ist kaum zu widerlegen.
Aus meiner Sicht ist es eines der Haupthindernisse, die Leistungsfähigkeit von Schulen zu verbessern, dass es außer dem eigenen pädagogischen Anspruch kaum Anreize für Kollegien gibt, Verantwortung für die Schule als Ganzes zu übernehmen und die eigene Leistung zu verbessern. Das hohe Engagement vieler Kolleginnen und Kollegen wird von offizieller Seite wenig gewürdigt.
Zum Tun werden Schulleiter und Lehrer von allen Seiten aufgerufen, die Mitbestimmung über grundlegende Fragen der Schulentwicklung, insbesondere der Personalentwicklung und Budgetierung bleibt zur Zeit noch begrenzt. Sparpolitik ist – genauso wie in Unternehmen – kontraproduktiv und bestenfalls kurzfristig erfolgreich. Ein notwendiger effektiver und effizienter Einsatz der knappen personellen und materiellen Ressourcen wird nicht über zentralen Dirigismus zu erreichen sein. Sinnvoll Geld ausgeben setzt größere Rechte und stärkere Beteiligung der Schulen an der Budget- und Personalverantwortung voraus. Dies wiederum setzt eine höhere Qualifikation der Schulleitungen in den Bereichen Organisation, Betriebswirtschaft und Marketing voraus.
Ich bin jedoch überzeugt, dass Schulleitungen das leisten wollen und auch können.
Als Bremsmechanismus ist weiterhin zu sehen, dass außerordentlich engagierte und erfolgreiche Arbeit vom Arbeitgeber ebenso wenig positiv finanziell gewürdigt wird oder werden kann, wie es negative Auswirkungen für wenig engagierte Kollegen gibt. Diese beiden Extremfälle widersprechen dem Leistungsgedanken generell. Die Möglichkeiten, die die Schulleitung hat, können nur teilweise Ausgleich schaffen.
Um den speziellen Anforderungen der Schule gerecht zu werden ist es deshalb erforderlich, dass die Schulleitung über Einstellungen neuer Lehrer mitentscheidet, dass Probezeiten eingeführt und wirksame Möglichkeiten geschaffen werden, gegen mangelhafte Leistungen vorzugehen.
Schul- und Organisationsentwicklung kann das Verlassen fest gefügter Wege und Strukturen und das Hinterfragen von Zusammenhängen bedeuten.
Kritisch hinterfragt werden, meiner Meinung nach auf allen Ebenen, muss auch das Problem der Personalpflege. Im Bereich der Lehrer genauso wie auf der Ebene der Schulleitungen ist ein dramatischer Anstieg der physischen und psychischen Belastungen, im Förderschulbereich vor allem bedingt durch immer größer werdende Klassen mit immer schwieriger werdenden Schülern, zu verzeichnen. Als Schulleitung sehen wir es als unsere Pflicht an, darauf zu reagieren. Die Möglichkeiten von unserer Seite sind jedoch begrenzt. Regionalschulämter wie Kultusministerium sollten sich Gedanken über Hilfsangebote machen, wie sie beispielsweise im Jugendamtsbereich mit Supervisionsangeboten längst üblich sind.

Welche Erfahrungen haben wir speziell an unserer Schule seit Bestehen des Förderzentrums gemacht?

Eine wachsende Bedeutung kommt der strategischen Schulentwicklung / Organisationsentwicklung zu, ein Fakt der sicherlich auf alle Schularten zutrifft. Die Ausbildung der Schulleitung in den Bereichen Organisationsentwicklung, Management, Kommunikation, Beratung, Fallbesprechung und Diagnostik hat sich als wichtiges Führungsmittel erwiesen. Im Sinne der noch stärkeren Entwicklung eines „eigenen Gesichtes“ der Schule ist aus meiner Sicht zukünftig die Autonomie der Schule deutlicher zu stärken als bisher. Dabei sollte man den Mut haben, auch solche Bereiche einzubeziehen, wie eine höhere Selbstverwaltung der finanziellen Mittel und die Auswahl geeigneten Personals.
Ein sonderpädagogisches Förderzentrum muss personell so ausgestattet sein, dass die Aufgaben bezogen auf die jeweiligen Kinder wahrgenommen werden können. Dazu sollte in genügender Zahl geschultes Personal zur Verfügung stehen, das die verschiedensten Anforderungen in erzieherischer und förderungsspezifischer Hinsicht erfüllen kann.
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass erfolgreich arbeitende LehrerInnen über folgende Leitkompetenzen verfügen müssen oder zumindest bereit sein sollten, sich diese anzueignen:

Diagnostizieren,
Beraten von Schülern, Eltern, Lehrern der allgemein bildenden Schulen, ...
Fähigkeit, pädagogisch – therapeutisch zu fördern,
Unterrichten mit speziellen didaktisch – methodischen, förderpädagogischen Bezügen,
Erziehen,
Kooperieren innerhalb des Kollegiums und mit den KollegInnen der allgemein bildenden Schulen,
Beurteilen,
Innovieren (Problemhandeln),
Situations- und zielgruppengerechtes Planen und Kommunizieren,
Theoriebegleitende Reflexivität.
Aus meiner Sicht gehört es zu den wichtigsten Aufgaben der Schulleitung, langfristig die Ausbildung geeigneter „Fachleute“ für wesentliche Bereiche des Förderzentrums voranzutreiben. Als positiv hat sich erwiesen, die Eigenverantwortlichkeit dieser KollegInnen zu stärken.
Im Bereich der individuellen Förderung von Schülern liegen noch deutliche Reserven. Es ist festzustellen, dass in diesem Bereich bei einer Reihe von KollegInnen noch Unsicherheiten bestehen. Sie benötigen gerade in diesem wichtigen Bereich Hilfe und Unterstützung. Wir versuchen hier gegenwärtig durch die Erarbeitung abgestimmter Analysebögen und daraus resultierend der Ableitung von Fördermöglichkeiten und –materialien Hilfe und Unterstützung zu geben.
Als dringend notwendig hat sich erwiesen, die sozial- emotionale Kompetenz der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Dabei muss der präventive Aspekt noch deutlicher als bisher im Vordergrund stehen. Wir sehen uns deshalb veranlasst, in unserer Konzeption den gewaltpräventiven Ansatz noch stärker hervorzuheben.
Um die Arbeit im externen Bereich umfassend leisten zu können und dafür nicht Abstriche im internen Bereich, zu ungunsten der eigenen Schüler machen zu müssen, ist eine Regelung bezüglich der Stundenzuweisung erforderlich. Wer eine Optimierung der Angebote intern und extern sowie eine stärkere Vernetzung von Förder- und allgemein bildenden Schulen will, kommt um eine solche Regelung nicht herum.
In den letzten Jahren hat sich durch eine sich verändernde Schülerpopulation, durch gesellschaftliche und bildungspolitische Veränderungen sowie durch den immer stärker werdenden Einfluss von Eltern das System der förderpädagogischen Hilfen schrittweise gewandelt.
Im Ergebnis der Evaluation der Arbeit und der gemachten Erfahrungen unseres Förderzentrums in den vergangenen 3 Jahren sind bezogen auf Schulentwicklung mittelfristig folgende Schwerpunkte und Entwicklungswege wesentlich:

1. Bildungspolitische Vorgaben sind als Impulse ebenso notwendig wie eine klare Steuerung der Weiterentwicklung aus der Schule selbst heraus. 2. Der Umbau sollte immer an Bestehendem ansetzen. Veränderungswillen von außen einzufordern ist der deutlich kompliziertere Weg. 3. Veränderungen und Umwandlungen betreffen alle Schulen. 4. Die allgemeine Schule muss stärker in die Veränderungen einbezogen und in die Mitverantwortung genommen werden. 5. Es müssen notwendige Rahmenbedingungen geschaffen werden. 6. Im Rahmen der Vorgaben sind Gestaltungsmöglichkeiten für unterschiedliche Konzeptionen und Modelle zuzulassen. 7. Alle Beteiligten, insbesondere die Lehrkräfte, müssen an der Umgestaltung mitwirken können. 8. Die Ausbildung der Lehrer der allgemein bildenden Schulen und der Förderschullehrer muss den Erfordernissen einer sich verändernden Schule stärker als bisher Rechnung tragen. 9. Das zentrale Erfolgskriterium für Schulentwicklung und Schulmanagement ist letztlich, ob und inwieweit die Schülerinnen und Schüler für ihre berufliche Zukunft möglichst gut qualifiziert werden. Das bezieht sich in erster Linie auf die Bereiche Wissen, Fähigkeiten und soziale Kompetenzen. Der Bereich der Herausbildung sozialer Kompetenzen weist dabei teilweise deutliche Defizite auf, auch deshalb, weil die Schule mit der Kompensation wachsender gesellschaftlicher Probleme überfordert wird. Erziehungsprobleme sind eine Ursache für Defizite im Unterricht.