Die Namen des alten Backsteingebäudes haben sich im Laufe von Jahrzehnten geändert. Eingeweiht wurde sie als IX. Bezirksschule (Mädchen), dann Luisenschule (Mädchen), Luisenschule II, Fritz-Matschke-Oberschule, und heute heißt sie Untere Luisenschule.
1801 betrug die Bevölkerungszahl in Chemnitz 10.835 Menschen, Ende 1888 waren es schon 127.595 Einwohner in Chemnitz. Die IX. Bezirksschule, die im Jahre 1890 am Luisenplatz errichtet wurde, konnte die ständig steigenden Schülerzahlen nicht mehr aufnehmen. Folge dessen sollte im Jahre 1896 ein zweites Gebäude an der heutigen Fritz-Matschke-Str. errichtet. 1894 waren die Pläne ausgearbeitet und genehmigt worden. Am 15. Mai 1895 wurde der Bau des neuen Schulgebäudes in einer Ratssitzung beschlossen. Noch im selbigen Jahr wurde der Bau begonnen und 97.719 DM 92 Pf ausgegeben. Gleichzeitig mit dem neuen Schulgebäude wurde eine neue Turnhalle sowie ein Verbindungsgang nach dem bereits früher erbauten Abortgebäude errichtet. Endlich war es soweit. Am 5. Oktober 1896 wurde die IX. Bezirksschule (Mädchen) durch den königlichen Bezirksschulinspektor, Schulrat Dachselt, geweiht. Julius Otto wurde der erste Direktor der Schule. Bau- und Einrichtungskosten betrugen 265.853 Mark und 74 Pfennige.
Der Hauswirtschaftsunterricht fand für die Mädchen damals noch in der Kochschule in der Mühlenstraße statt. Seit 1911/12 werden beide Schulen als "Schulen am Luisenplatz" in den Adressbüchern der Stadt geführt. Die Namensgebung der Schulen ist auf die unmittelbare Nähr des Luisenplatzes und der Luisenstraße zurückzuführen. Es gibt zwei Überlieferungen, die den Ursprung des Namens "Luise" erklären:
1. Auf dem Boden der Luisenschulen befand sich das ehemalige Freigut von Rissner (Freigutstr., Rissnerstr.). Nach seiner Tochter sollen die Schulen benannt sein.
2. Der Tintenfabrikant Eduard Leopold Beyer erwarb ein Bauerngut, das sich in gesunder Lage am Wald befand. Hier errichtete er einen Fabrikneubau (Beyerstr.). E. L. Beyer wirkte viele Jahre als Direktor des Bauvereins von Schloßchemnitz. Er ließ Brücken und Straßen bauen, auch legte er Pläne an. Nach seiner Frau Luise soll er die Straße und den Platz benannt haben.
Die zweite Überlieferung ist am wahrscheinlichsten. Für unsere Schule ist wichtig, dass ihre Geschichte eng mit der Entwicklung des Wohngebietes verbunden ist.
Jahr | Schüler | Klassen | Klassenstärke |
1896 | 1453 | 32 | 45 |
1897 | 1507 | 32 | 47 |
1898 | 1506 | 33 | 46 |
1899 | 1552 | 33 | 47 |
1900 | 1608 | 37 | 43 |
Der 1. Weltkrieg brachte für alle Kinder großes Leid. Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes durch mangelhafte Ernährung. Um dem entgegenzuwirken wurde zur Kräftigung schwächlicher Schulkinder die Städtische Milchversorgung und Ferienwanderungen eingeführt. Am 1. Mai 1919 nahm Carl Hermann Schiersand seine Tätigkeit als Direktor der Luisenschule für Mädchen auf. In seiner Amtszeit von 1919 - 1933 gewann das schulische Leben durch zahlreiche Veränderungen an Qualität. Im Verwaltungsbericht der Stadt Chemnitz heißt es: "Die Preise für die Lernmittel der Volksschüler sind seit Jahren dauernd gestiegen, vielen kinderreichen Familien war es nicht möglich die teuren Lernmittel in der wirtschaftlichen Not zu kaufen. Alle Kinder bekamen einen Teil der Schreibhefte unentgeltlich geliefert." 1923 erhielt die Luisenschule 8.000 Hefte und 2.000 Zeichenblöcke, später auch Bücher und Atlanten. Ab 1928 wurde jeder Schülerin der Klasse 4 kostenlos ein Gedichtband, ein Atlas und ein Lesebuch übergeben.
Nach den Kriegshungerjahren stieg die Bedeutung der Schulgesundheitspflege. Es wurden regelmäßig Untersuchungen von Schulärzten durchgeführt. Wegen Unterernährung der Kinder bekamen sie kostenlose Schulspeisung. Die Speisungen wurden zusätzlich von März bis Herbst 1924 von Quäkern aus Amerika mit Geldmitteln unterstützt. Außerdem stellte die Stadt Schuhwerk für die Kinder zur Verfügung. Auch gut erhaltene Kleidung, die von wohltätigen Eltern abgegeben wurde, verteilte man an hilfsbedürftige Kinder.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Carl Hermann Schiersand als Schulleiter der Luisenschule für Mädchen nach § 4 des Reichsgesetzes vom 07. 04. 1933 entlassen. Mit ihm wurde ein fortschrittlicher Demokrat aus dem Schuldienst entfernt, der in seiner 14-jährigen Amtszeit große Verdienste bei der Entwicklung des Chemnitzer Schulwesens hatte.
Seit der Weltwirtschaftskrise wurde bei den Ausgaben des Staates für Schulen drastisch gespart. Großen Wert wurde ab 1933 auf Muttererziehung der Mädchen gelegt. Nadelarbeit und sparsames Umgehen mit Materialien gewann an Bedeutung. Zu dieser Zeit fand der Kochunterricht der Mädchen an der Sidonienschule (heute Berufsbildende Schule für Ernährung und Hauswirtschaft, Arthur-Bretschneider-Str.) statt.
Die Not bei vielen Kindern war groß und es wurden im Schuljahr 1936/37 163 Mädchen als Hilfsbedürftige anerkannt. Reichsstraßensammlungen brachten einen Erlös von 21,02 RM und WHW-Veranstaltungen der Schule brachten 61,- RM. Damit wurden Frühstücke und Milchfrühstücke organisiert. Die Schulspeisung erhielten 30 Mädchen unentgeltlich und 30 RM bezahlten für die Mahlzeit 5 Pfennige. Trotz wirtschaftlicher Not sparten die Schülerinnen:
1936 / 37 839,60 RM
1937 / 38 866,40 RM
1938 / 39 1072,00 RM
Aber Feste feierte man trotzdem. So z.B. das Herbstfest am 07. 09. 1936. Auf dem Sportplatz am Bismarkturm wurden szenische Darbietungen gezeigt und Wettkämpfe bestritten. Im Dezember 1937 und März 1938 führten die Schüler das heimatliche Spiel "Der töbende Turm" auf. Stolz, Pflichtgefühl, Mut, Treue, Opfer- und Einsatzbereitschaft sollten den Mädchen vermittelt werden. In den Jahresberichten der Schulen wurde ausführlich über Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit und den Bauzustand resümiert.
Schulleiter Kurt Liebscher schrieb am 20. 04. 1939:
"Ich bin der Meinung, dass gerade dort, wo die Kinder armer und ärmster Volksgenossen ihre Schule haben, das Innere des Hauses einen freundlichen und lichtdurchfluteten Eindruck machen muss. Wenn man in anderen Stadtteilen Schulpaläste entstehen lässt, dann muss es auch möglich sein, alte, etwas verbaute Schulen wenigstens einigermaßen freundlich zu gestalten."
Der Schulleiter bemängelte die Warmluftheizung. Die trockene Luft war schädlich für die Schüler und Lehrer.
Nach dem zweiten Weltkrieg diente die Luisenschule II als Ausbildungsstätte für Neulehrer. Stadtrat Riesner eröffnete am 2. Januar 1946 feierlich die Lehrbildungsstätte. 1986 wurde die Erinnerungstafel am Schulgebäude angebracht.
1948 Pionierfreundschaft erhält den Namen "Fritz Matschke"
1953/1955 Abriss der Turnhalle, die kurz vor Kriegsende zerstört wurde
1967 Umbenennung der Schule in "Fritz-Matschke-Oberschule"
1969 Unterzeichnung des Patenschaftsvertrags mit dem Wohnungsneubaukombinat "Wilhelm Pieck"
1972 Speiseraum mit 100 Plätzen geschaffen
1974 Sportplatz von beiden Schulen neben dem Luisenplatz (Sprunggrube, Kugelstoß¡nlage, Laufbahn)
1984 Erö¦¦nung des Schulclubs im
1984 Einweihung der Turnhalle
Am 13. April 1991 wurde die Schule nach großen Bemühµngen von der Schulleiterin, Frau Schulz, Eltern, Lehrern und Schülern auf einer Festveranstaltung umbenannt. Sie heißt jetzt: Untere Luisenschule
Seit dem Schuljahr 1992/93 gab es an unserer Mittelschule zwei Profile, das musische und das hauswirtschaftliche Profil. 1994 kam noch das Profil "Natur und Umwelt" hinzu. Die Profile wurden 2003 von der sächsischen Staatsregierung abgeschafft. 1991 wurden auf Grund des schlechten baulichen Zustandes der Schule Reparaturarbeiten (Fenster, Heizung) durchgeführt.
Wegen umfassender Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten wurden Schüler und Lehrer vom 12.10.1994 bis zum 27.02.1995 ausgelagert und der Unterricht in vier anderen Schulgebäuden der Stadt weitergeführt. Die Kosten für Planung und Bau betrugen 7,165 Mio. DM, für die Ausstattung 0,36 Mio. DM. 43 Unternehmen waren am Bau beteiligt, davon 29 aus Chemnitz.
Schüler, Lehrer, technisches Personal und Eltern fühlen sich wohl in den neuen Räumen. Das Schulleben aus unserer Schule ist geprägt durch Projektwochen, Schulfeste, Aufstellungen, Auftritte und Wettkämpfe.