Benjamin Geißler
Benjamin-Geißler-Grundschule Liebstadt wird unsere Schule genannt.
Warum sie so heißt ? - Wem ist das bekannt ?
Bei der Geißler-Geschichte müssen wir das Rad der Zeit weit zurück drehn, bis ins 18. Jahrhundert, dort bleiben wir stehn. In den alten Büchern kann man lesen,wie es damals ist gewesen.
Not und Elend der Bauern kannte Geißler sehr gut und führte den Kampf gegen Ungerechtigkeit mit großem Mut. Er war für seine guten Taten weit über die Grenzen Liebstadts bekannt, darum wurde unsere Schule nach “Benjamin Geißler” benannt.
Christian Benjamin Geißler wurde am 14. September 1743 in dem damaligen Dorf Holzkirch, unweit von der Grenzstadt Görlitz, in der Volksrepublik Polen geboren. Der kleine Christian Benjamin konnte seine Kinderjahre in einem recht ordentlichen Elternhaus verbringen. Sein Vater war erst Lehrer, dann Verwalter eines Gutes und seine Mutter soll Kammerjungfrau, also persönliche Bedienstete, bei der Frau von Schweinitz, gewesen sein. Vater Geißler wollte, dass sein Junge Lehrer, damals hieß es Schulmeister, wird. Deshalb erlernte er schon im Elternhaus lesen und schreiben, sogar stricken konnte er.
1751 schickte Vater Geißler seinen Sohn nach Herrnhut in eine christliche Schule zur Ausbildung. Christian Benjamin hatte wenig Interesse am Beruf des Schulmeisters. So ging er mit 16 Jahren zu einem Seilermeister in Görlitz in die Lehre und erlernte das Seilerhandwerk. Allgemein war es früher so, dass Handwerker nach ihrer Lehre und nach der Gesellenprüfung, auf Wanderschaft gingen. Auch C.B.Geißer ging auf Wanderschaft und so soll er 1765 zum Seilermeister nach Liebstadt gekommen sein. So steht es in den alten Schriften. Es scheint ihn in Liebstadt recht gut gefallen zu haben, denn er hat 1767 hier geheiratet. 3 Kinder sind aus dieser Ehe hervorgegangen. Geißler war also Bürger von Liebstadt und hat sicherlich im heutigen Geißlerhaus an der Pirnaer Straße gewohnt.
Für die damalige Zeit war er ein kluger Bürger, denn er hatte eine Schule besucht und konnte Lesen und Schreiben. Er war aber auch am Weltgeschehen sehr interessiert. In Sachsen gab es in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts sehr viel Unzufriedenheit unter den Bauern. Die Adligen feierten ihre Feste und lebten auf Kosten der Bauern. Hohe Abgaben waren zu leisten, Frontdienste verhinderten die tägliche Arbeit auf dem eigenen Feldern und zahlreiche verschiedene Steuern mussten gezahlt werden.. Außerdem verwüstete das Wild, das für die Jagden der Adligen gehalten wurde, die Felder der Bauern. Dadurch kam es in einigen Gegenden des Sachsenlandes zu Bauernunruhen.
Natürlich hat auch C.B. Geißler von diesen Unruhen erfahren, und er kannte die Sorgen der Bauern sehr gut. Er wusste über die Volksbewegung in Frankreich Bescheid und wusste, dass jede Volksbewegung Forderungen stellen muss, damit die Aufständischen wissen, warum und wofür sie kämpfen. So begann Geißler in den den Monaten Mai bis Juni 1790 sein ”Promemoria” auszuarbeiten. In dieser Denkschrift stellte er die Forderung der Bauern zusammen
Hier die Forderungen von Christian Benjamin Geißler (gekürzt)
- Alle Personen, die Sachsen unglücklich gemacht haben, sollen ihre Ämter enthoben werden, und wenn es grosse Betrügereien waren, sollen ihre Güter eingezogen werden und dem allgemeinen Wohl dienen.
- Es soll eine Nationalgarde aufgebaut werden, die aus Männern besteht, zu denen man Zutrauen haben kann und die ständig wachsam sind und keine Ungerechtigkeiten dulden.
- Der Steuerwesen wird so eingerichtet, damit Sachsen nicht wie Gottes Strafgericht entheiligt wird.
- Den Rittergutsbesitzern werden Regeln auferlegt, damit sie das Land nicht durch Ungerechtigkeit zur Wüste und Einöde machen.
- Die Hegung des Wildes darf nur so weit gehen, dass kein Fruchtmangel auf den Feldern entsteht.
- Es dürfen nur die Recht sprechen, die dazu berufen sind und die das Lad nicht wie Blutegel aussaugen.
- Den geistlichen Ministerien müssen solche Regeln auferlegt werden, die der Ehre Gottes und der geheiligten christlichen evangelischen Lehre entsprechen.
- Die Fleisch- und Tranksteuer sind herabzusetzen
Diese Forderungen entsprachen der Lage der Bauern in der damaligen Zeit und wurden von ihnen recht gut verstanden. Natürlich wusste Geißler, dass diese Schriften verbreitet und verkündet werden musste, wenn die Forderungen erfüllt werden sollten. Zum Einen an den Kurfürsten und den Adel und zum Anderen an die Bauern, zum Kampf gegen den Adel und Gutsbesitzer.
Er ritt mit einem Pferd, dass er sich in Berthelsdorf bei einem ihm bekannten Bauern geborgt hatte, in verschiedene Ortschaften um seine Schrift zu verkünden. Aber die Bauern zeigten keine Bereitschaft, um mit Geißler nach Pillnitz zum Kurfürsten zu folgen. Doch die Kunde von seinem “Promemoria” verbreitete sich sehr schnell und verbreitete sich in anderen Dörfern, wo die Bauern bereit waren zu kämpfen. Die Aldligen hatten sofort erkannt, dass Geißer durch sein ”Promemoria” dem sächsischen Bauernaufstand Ziel und Richtung gab und somit zum geistigen Führer des Aufstandes wurde.
Bereits zwei Tage nach der Verkündung seiner Forderungen, am 10. Juli 1790, wurde Geißler in Liebstadt verhaftet. Nun stand Geißler seinen Feinden gegenüber und die Gerichtsherren gingen nicht besonders menschlich mit ihm Er wurde zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt und bekam damit die höchste Strafe, die gegen einen Bauernführer des sächsischen Aufstandes ausgesprochen wurde. Er wird in das Staatsgefängnis Torgau eingeliefert. Nach 15 Jahren wollte man ihn nicht entlassen. Auf Grund seiner guten Führung in der Haft erlaubte man ihm bei einem Seiler in Torgau zu arbeiten. Von dort kam er einer Tages nicht zurück, er war aus dem Gefängnis geflohen. Zwei Jahre wanderte er durch verschiedene Länder Deutschlands. In Brandenburg, Sachsen, Schlesien, Böhmen und Oestereich ist er umhergezogen.
So trieb es ihn 1807 als 64 -jährigen wieder zurück in die Liebstädter Gegend.. Als er durch Döbra kam, erkannte ihn ein Bauer, der nichts eiligeres zu tun hatte, als Meldung zu erstatten und er wurde wieder verhaftet. Neben seiner Tochter und dem Liebstädter Seiler hatte sich auch der Schlossherr vom Kuckuckstein, Carl Adolph von Carlowitz, für die Aufhebung der Polizeiaufsicht eingesetzt. Carl Adolph von Carlowitz war der Meinung, dass der alte Mann keinen Schaden mehr anrichten kann. Außerdem gehörte er zu den fortschrittlichen Adligen seiner Zeit und war gegen das Unrecht., das man Geißler zugefügt hat.
Wann der Seiler von Liebstadt gestorben ist, kann noch nicht genau gesagt werden, denn es sind keinerlei Hinweise in den alten Akten und Kirchenbüchern vorhanden. Man nimmt an, dass Geißler im Jahre 1823 gestorben ist
Das ist die Geschichte von dem Seilermeister Christian Benjamin Geißler, der in unserem Liebstadt gelebt hat. Er war der geistige Führer des sächsischen Bauernaufstandes, des größten nach dem Großen Deutschen Bauernkrieg. Vor ihm hat die damalige Adelsherrschaft gezittert, denn er hat den Bauern Richtung und Ziel in ihrem gerechten Kampf gegeben. Leider konnten die Forderungen Geißlers nicht erfüllt werden, denn die Bauern hatten keine Unterstützung der Städte, sie standen allein in ihrem Kampf, und viele Bauern glaubten den Versprechungen des Adels.
Schon in der Vergangenheit gab es Menschen, die den Kampf für das Glück des Volkes höher einschätzten als den persönlichen Vorteil. Zu diesen Menschen gehörte auch Christian Benjamin Geißler, dessen Namen unsere Schule in Liebstadt trägt.
... unser geliebtes Vaterland,
lieber glücklich als unglücklich machen.
C.B. Geißler
Nachzulesen im Eingangsbereich unserer Grundschule, zusammen mit Auszügen seiner PROMEMORIA und seines Lebenslaufes, ergänzt mit Zeichnungen über den Bauernkrieg