Statement zur kulturellen Bildung

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor knapp einem Jahr, im Juni 2008, haben sich Lehrerinnen und Lehrer mit Akteuren kultureller Bildung hier im Schloss Siebeneichen getroffen, um sich über "Kulturelle Bildung an außerschulischen Lernorten" auszutauschen. Sie diskutierten, was nötig ist, um solche Prozesse zu initiieren, zu optimieren und nachhaltig zu gestalten. Im Mittelpunkt standen Fragen zu Formen der Koordination, Kommunikation, Kooperation und Konsensfindung. Ich verwies damals auf die bildungspolitischen Akzente, die das Sächsische Staatsministerium für Kultus mit der Förderung kultureller Projekte und Programme setzen möchte. An dieser Stelle möchte ich einen Aspekt noch einmal besonders herausstellen: Die Schaffung vielfältiger Möglichkeiten einer chancengerechten Teilhabe an Kunst und Kultur hat positive Auswirkungen sowohl auf die individuelle Persönlichkeitsbildung als auch auf den Zusammenhalt  der Gesellschaft als Ganzes.

Eine zentrale Forderung des vorigen Symposiums war die nach Ansprechpartnern für kulturelle Bildung, die in den Regionalstellen der Sächsischen Bildungsagentur sowie in den Kulturraumsekretariaten angesiedelt sein sollten. Diesem Bedürfnis haben wir Rechnung getragen: In den fünf Regionalstellen stehen nunmehr Ansprechpartner zur Verfügung, die für eine verbesserte Information, Koordination und Vernetzung zwischen den sächsischen Schulen und den Kultureinrichtungen sorgen werden. Ich freue mich, heute hier einige von ihnen begrüßen zu können. Darüber hinaus hat sich auch die interministerielle Arbeitsgruppe "Kulturelle Kinder- und Jugendbildung" mit den Ergebnissen des Symposiums beschäftigt. So sind derzeit auch die acht Kulturraumsekretariate dabei Lösungen zu entwickeln, wie eine Struktur für Belange kultureller Bildung in Hinblick auf Vorschule und Schule geschaffen werden kann.

Diese kurzen Ausführungen belegen: Symposien zur Schulentwicklung, wie sie das Sächsische Bildungsinstitut anbietet und die sich mit bildungspolitischen Themen, schulartübergreifenden Fragestellungen und überfachlichen Aspekten zeitgemäßer Bildung und Erziehung beschäftigen, können breite Wirkungen entfalten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch das heute beginnende Symposium unter dem Thema "Wann ist es gut? Qualität in der kulturellen Bildung" einen wichtigen Beitrag zur Thematik leisten wird.

Besonders freue ich mich, dass wir auch zu dieser Veranstaltung neben Lehrerinnen und Lehrern wieder viele Akteure aus dem Bereich kulturelle Bildung aus sächsischen Kultureinrichtungen begrüßen können. Schule braucht Kooperationspartner. Das vergangene Symposium hat gezeigt, dass das gegenseitige Kennen Lernen von Schulen und Kultureinrichtungen noch längst nicht abgeschlossen ist. Eine entscheidende Voraussetzung für qualitätvolle und erfolgreiche kulturelle Bildung ist, dass sich beide Partner „auf Augenhöhe“ begegnen, dass sie voneinander wissen, die Interessen und Bedürfnisse der jeweiligen Partnersituation kennen.

In Sachsen sind die Möglichkeiten zur Teilhabe an kultureller Bildung für Schülerinnen und Schüler vielfältig. So können sie im Rahmen des Unterrichts oder im Ergänzungsbereich an Programmen und Wettbewerben teilnehmen, wie z. B. „LernStadtMuseum in Sachsen – Schüler entdecken Museen“, "Jugend debattiert", "PEGASUS – Schulen adoptieren Denkmale" oder „Mediale Bildwelten 21“. Zahlreiche Kulturinstitutionen wie Museen, Theater, Bibliotheken oder Gedenkstätten bieten ebenso wie Künstlerinnen und Künstler vielfältige Projekte und Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler an.

Je größer die Anzahl der Angebote, desto wichtiger ist es, Kriterien zur Hand zu haben, anhand derer die Qualität einzuschätzen ist. „Wann ist es gut?“ Wie müssen Wettbewerbe, Projekte oder Veranstaltungen gestaltet sein, um „gut“ zu sein? Mit anderen Worten: Wie können Kinder und Jugendliche begeistert und zu den Lernerfolgen geführt werden, die kulturelle Bildung leisten kann: Förderung von Kreativität, sozialem Interesse, Teamgeist, Durchhaltevermögen, Organisationstalent, Improvisationsfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft und Selbstbewusstsein. Dabei ist es unbestritten, dass die Heranwachsenden in der Auseinandersetzung mit bildender Kunst, Literatur, Medien, Musik, Rhythmik, Theater, Tanz oder Zirkus viel lernen können, dass sie Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, sich in der Welt zurecht zu finden.

Daran schließt sich eine zweite Frage an: Nämlich die Frage danach, wie solche Lernerfolge abgebildet und gemessen werden können. Traditionelle Bewertungsinstrumente wie Noten reichen dafür nicht aus.

Im schulischen Zusammenhang werden deshalb inzwischen unterschiedliche prozessorientierte Formen der Leistungsermittlung und -bewertung erprobt, die auf die Beschreibung von Lernprogressionen abheben. Erwähnt seien hier das Portfolio, das Lerntagebuch, der Beobachtungsbogen, das Lernjournal, das Kompetenzraster, das Lerngespräch, der Rückmeldebogen oder der Lernleistungsbericht.

Im außerschulischen Kontext setzt sich zunehmend der „Kompetenznachweis Kultur“ durch. Er ist ein Instrument, entwickelt von der Bundesvereinigung für kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V., das darauf setzt, Stärken sichtbar zu machen, die Kinder und Jugendliche in kulturellen Bildungsprozessen entwickeln oder vertiefen. Ein Ansatz, der auch für Arbeitsgemeinschaften, Wettbewerbe oder den Ganztagssektor viel versprechend klingt.

Kleine Sachen gut zu machen ist der beste Weg, um bald große Sachen besser zu machen. Erfahrungen prägen die Persönlichkeit, die Werthaltung und die Weltsicht. Diese Wirkungen sichtbar zu machen - die entwickelten Kompetenzen, das erworbene Wissen und die spürbaren Zuwächse - ist Aufgabe von Akteuren kultureller Bildung. Halt zu geben bedeutet ja auch, Veränderungen in Verhalten, Haltung und Verhältnissen zu planen, zu begleiten und zu bewerten. Dafür brauchen wir Instrumente, die nicht nur vordergründig Leistung ermitteln, sondern auch Lernverläufe und Lernergebnisse beurteilen helfen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Bearbeitung und Beantwortung der hier skizzierten Fragen und versichere Ihnen, dass sich das Sächsische Staatsministerium für Kultus auch weiterhin engagiert mit Prozessen kultureller Bildung beschäftigen wird. Perspektivisch auch verstärkt im Vorschul- und Primarbereich, denn, und hier zitiere ich Albert Schweitzer: "Kultur fällt uns nicht wie eine reife Frucht in den Schoß. Der Baum muss gewissenhaft gepflegt werden, wenn er Frucht tragen soll.“

Es gilt das gesprochene Wort.