Zukunftswerkstatt (01. 2021)
Zukunftswerkstatt EU – Schüler*innen gestalten Europa
Pro Jahr sterben 400000 Menschen aufgrund von Umweltverschmutzung. Hitzewellen werden ebenfalls eine immer dominantere Todesursache. Steigt die Temperatur in Zukunft weiter, so sind zunehmend Tierarten vom Aussterben bedroht. Zusätzlich führt diese Erderwärmung zu einer steigenden Anzahl von Asylanträgen. Betrachtet man diesbezüglich die aktuelle Situation in Bosnien, so fallen die mangelnde medizinische Versorgung und die nicht winterfesten Unterkünfte der Migranten auf. Wie konnte es nur so weit kommen? Was kann die Europäische Union unternehmen, damit sich die Problemfelder Klima und Migration lösen lassen? Können wir Schüler*innen diesbezüglich Veränderungen für die Zukunft bewirken?
Diese Fragestellungen waren am 28.01.2021 wesentlicher Gegenstand des von Herrn Pfennig initiierten Workshops, an dem die G/R/W-Kurse der Jahrgangsstufe 11 teilnahmen. Durchgeführt wurde die Veranstaltung „Mehr Europa wagen – Jugend macht mit!“ von Expert*innen des renommierten Deutsche Gesellschaft e.V., welcher soziale, kulturelle und politische Ziele in Europa fördert. Unser Gymnasium ist eine von bundesweit acht Partnerschulen, die eine solche Zukunftswerkstatt im Kontext der deutschen EU-Ratspräsidentschaft durchführen konnten. Angesichts der akuten SARS-CoV-2-Pandemie fand das Projekt online über die Videokonferenz-Software Zoom statt.
Um 8.50 Uhr begannen sich die Jugendlichen in die Konferenz einzuloggen und wurden von den Veranstalter*innen Sebastian Rösner, Isabella Weiss, Katja Sinko sowie Lea Baumert begrüßt. Anfangs gab es bei dem ein oder anderem Hemmnisse bezüglich des Aktivierens der Kamera. Jedoch wurde durch die freundliche und offene Art der Moderatoren die Stimmung schnell gelockert. Zu Beginn schauten wir uns als Einführung ein YouTube-Video an, welches die Institutionen der EU erklärt. Ebenso hatte Herr Rösner eine PowerPoint-Präsentation darüber vorbereitet. Dabei zeigte er das Motto der deutschen Ratspräsidentschaft: „Gemeinsam. Europa wieder stark machen.“ Hierbei durften wir Schüler*innen mit Hilfe der Online Plattform MURAL interaktiv beitragen, indem wir beispielhafte Krisen nannten, um zu beweisen, dass Europa durch vergangene Probleme geschwächt ist. Deutlich wurde dadurch, dass die EU auch heute und zukünftig vor schwerwiegenden Herausforderungen steht, unter anderem der Migration und Nachhaltigkeit, worauf an jenem Tag der Fokus lag. Dazu teilten sich die Gymnasiast*innen bereits im Vorfeld in zwei Gruppen auf. Die Arbeitsgruppe, die sich über Flucht austauschte, wurde von Katja Sinko (European Democracy Lab) geleitet. Die zweite Gruppe, deren Problemfeld die Umwelt war, wurde von Lea Baumert (Europa-Union Hamburg) moderiert. Bevor die Arbeit startete, wurde man über die Vorgehensweise einer Zukunftswerkstatt aufgeklärt. Unabhängig vom Thema werden drei Phasen durchlaufen: Kritik, Utopie und Realisierung. Arbeitsauftrag diesbezüglich war, dass sich jeweils beide Gruppen durch jene Phasen diskutieren und die Ergebnisse sowie Zwischenschritte in einem Medium festhalten. Essenziell hierbei ist die Integration der Schülerperspektiven. Am Ende sollen alle in das Plenum zurückkehren und die gewonnenen Erkenntnisse mit der jeweils anderen Gruppe teilen. Schließlich wurde man 9:30 Uhr seinem jeweiligen Konferenzraum zugeordnet und die Teamarbeit konnte losgehen. Herr Pfennig, unser G/R/W-Lehrer, fungierte dabei als Beobachter und wechselte regelmäßig zwischen beiden Meetings. Da die Verfasserinnen dieses Berichts beide Mitglied in der Gruppe waren, die sich mit dem Klima befasste, fokussiert sich der Artikel verstärkt darauf und weniger auf die Migration.
Für Frau Baumert ist es Premiere gewesen, an einem derartigen Workshop mitzuwirken. Während wir Schüler*innen uns aus Riesa und der Umgebung zuschalteten, befand sich Lea Baumert in Hamburg. So konnten immerhin Fahrtkosten gespart werden.
Zuerst präsentierte Frau Baumert uns allgemeine Schwerpunkte zum Thema. Hierbei teilte sie uns unter anderem Informationen über den European Green Deal mit beziehungsweise was die EU für die Zukunft plant, um Europa bis 2050 klimaneutral zu entwickeln. Dazu zählt beispielsweise die Bekämpfung der Umweltverschmutzung sowie die effizientere Ressourcennutzung. Diesbezüglich lernten wir ebenfalls, welche negativen Aspekte die Erderwärmung herbeiführt und was passieren würde, wenn wir nicht handeln. Eine wahrscheinliche Konsequenz wäre, dass man sich mit einer erheblichen Zunahme von Extremwetterereignissen auseinandersetzen müsse. Solch einen Fall haben wir erst kürzlich erkennen können, als am 07.02.2021 eine Wetterlage mit Schneesturm und Eisglätte herrschte. Zur gesamten Übersicht erstellte Lea im Vorfeld eine digitale Pinnwand, ein sogenanntes Padlet, welches sehr anschaulich gestaltet ist. Um sich einführend zu orientieren, durften wir kurz einen Blick auf dessen Einträge werfen. Dadurch lernten wir, dass Nachhaltigkeit lebensfähig, tragbar und gerecht gestaltet werden muss. Danach fing die erste Phase an und es wurde sehr interaktiv.
Freiwillig schalteten die Jugendlichen ihr Mikrofon an und äußersten nacheinander ihre Kritik an der Klimapolitik. Frau Baumert notierte die Kritikpunkte, zum Beispiel die Überteuerung von nachhaltig produzierten Lebensmitteln, und veröffentlichte sie im Padlet. Dabei konnte sich jeder frei entfalten und seine Meinung mitteilen, falsche Antworten gab es nicht.
10:30 Uhr wurde in die Utopie-Phase übergegangen, welche die eben erarbeiteten Kritikpunkte voraussetzt. Hier konnte man seiner Fantasie und seinen Wünschen Freiraum bieten. Wir sollten den Idealzustand der nächsten fünf Jahre erläutern. Der Verzicht auf Plastik spielte derweilen beispielsweise eine umfassende Rolle. Ebenfalls verständigte man sich, dass es zuerst eine europäische Lösung geben müsse, um eine globale anzustreben. Angesichts der Vielzahl von Aspekten, die besprochen wurden, bekamen wir sogar einige Minuten länger Zeit.
Gegen 11:00 Uhr wurde eine 10-minütige Pause vollzogen, damit anschließend umso produktiver mit der Realisierungsphase fortgefahren werden konnte. Bei dieser Gelegenheit wurde konzipiert, welche Utopien die Europäische Union schnell umsetzen könnte, wo Hürden und Schwierigkeiten vorliegen sowie wie das Ganze nun realisierbar ist. Hierbei kristallisierte sich klar heraus, dass vor allem die Großkonzerne ausschlaggebend sind und für Klimasünden entsprechend bestraft werden sollen. Zum Beispiel zählt Coca-Cola zu den hauptverantwortlichen Unternehmen für die Umweltverschmutzung, da das Unternehmen pro Jahr 3 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. Dafür sind unserer Meinung nach Strafgelder dringend notwendig.
Als Lea Baumert für kurze Zeit in das Plenum zurückkehrte und wir Schüler*innen auf uns allein gestellt waren, wurde untereinander abgesprochen, wer am Ende welche Passagen für die andere Gruppe vortragen wird. Dabei einigte man sich schnell, ohne jegliche Komplikationen. Nachdem Frau Baumert wieder erschien setzte sich der Meinungsaustausch effektiv fort. Die Jugendlichen bereiteten die bevorstehende Präsentation vor, indem die Realisierungsphase geordnet wurde. Für zahlreiche Einträge wurden passende Kategorien gefunden.
Punkt um 12 wurden die Untergruppen erneut zusammengeführt und somit die sogenannten Breakout-Sessions beendet. Zurück im Plenum übernahm Sebastian Rösner abermals die Moderation. Endlich war der Zeitpunkt gekommen und die zwei Arbeitsgruppen trugen ihre Ergebnisse vor. Den Anfang meisterten Schülerinnen aus der Migrations-Gruppe. Im Gegensatz zur Klima-Gruppe hantierten sie mit dem Medium MURAL. Als wesentlichen Kritikpunkt der Migration identifizierten die Jugendlichen den Rassismus in der Gesellschaft, aber auch die unzureichende Bekämpfung der Ursachen. Daher soll in ihren Augen vor allem das Hungern als Auslöser der Flucht beendet werden. Hierbei wurde schnell deutlich, wie intensiv und diplomatisch sich die Schüler*innen mit der Thematik auseinandersetzten, was eindeutig durch den virtuellen Applaus der Mitschüler*innen erkennbar war.
Daran anknüpfend wurden die Bilanzen der zweiten Gruppe dargelegt. Genauso wie die erste Präsentation gelang sie einwandfrei und verursachte einen virtuellen Applaus. Alle Ergebnisse dieser Gruppe sind im Padlet vollständig nachzulesen. Anschließend meldeten sich sogar einige mit dem Hand-Emoji und äußerten ihre Meinung bzw. stellten Fragen, was schlussendlich zu einer interessanten Debatte über nachhaltige Themen anregte. Leider war nicht genügend Zeit verfügbar, um sich darüber weiter auszutauschen, obwohl das Projekt insgesamt bereits länger dauerte als ursprünglich geplant. An dieser Stelle schilderte uns Herr Rösner, dass diese Realisierungsphase der „Klassiker der Politik“ sei und deswegen das Potenzial zur Diskussion erhöhe. Hier müssen dann politisch Prioritäten gesetzt werden.
Sebastian Rösner beendete 13:00 Uhr den Workshop, dankbar für die ausgiebige Beteiligung, und hofft auf ein Wiedersehen in realer Anwesenheit. Außerdem durften abschließend vereinzelt Meinungen und Eindrücke mitgeteilt werden. Alexandra beschrieb es als eine neue komfortable Erfahrung. Sie empfand es jedoch als etwas schade, dass die Beteiligung stark von Person zu Person variierte. Lina hingegen fand den Workshop sehr interessant und war positiv überrascht, dass die Technik fast fehlerfrei funktionierte. Ihrerseits empfiehlt sie das Projekt definitiv weiter. Kim hat besonders die spannende Themenauswahl gefallen und war sehr zufrieden mit den verwendeten Medien und den Diskussionen. Sie würde es gern wiederholen und lobt die freundlichen Referent*innen.
Insgesamt hat die Veranstaltung viel Spaß gemacht. Im Vergleich zu den vorherigen Wochen im Lockdown ist es eine angenehme Abwechslung zum Selbststudium gewesen. Das Konzept einer Zukunftswerkstatt hat ideal zur Intention des Workshops gepasst. Es ist eine interessante Erfahrung gewesen, selbst kreativ zu werden und eine utopische Europäische Union zu kreieren. Alle haben davon profitiert und innerhalb von 4 Stunden eine Menge gelernt. Die Veranstalter*innen haben jegliche Meinungen akzeptiert und jeden ernst genommen, indem sie sich eher passiv sowie offen verhielten. Erfreulich gewesen war dadurch auch die Bereitschaft aller Schüler*innen. Fast jeder nutzte seine Kamera, wodurch die Interaktivität und vor allem die Kooperation gefördert wurde. Unangenehmes Schweigen trat gar nicht auf. Aufgrund dessen, dass das Projekt in Zusammenhang mit der seltenen deutschen EU-Ratspräsidentschaft steht, wird es diesen Workshop in Zukunft in derartiger Form nicht mehr geben, weshalb man sich als Teilnehmer sehr geehrt fühlte, diese einmalige Gelegenheit erhalten zu haben. Hierbei ist es ebenfalls erwähnenswert wie positiv die Technik funktionierte. Sowohl die Ton- als auch die Bildqualität waren hochwertig. Schwierigkeiten traten diesbezüglich fast gar nicht auf, was man so nicht erwartete, da man schließlich immer hört, wie schleichend die Digitalisierung in Deutschland vorangeht. Theoretisch wäre daher eine solche Form des Unterrichts per Zoom für jedes Schulfach passend und effektiver als das selbstständige Lernen von Zuhause.
Es bleiben jedoch die Fragen offen, ob wir Schüler*innen nun tatsächlich etwas in der EU bewegen können und wie schlussendlich deren Zukunft aussieht. Wir haben gelernt, dass dafür das individuelle Verhalten ausgesprochen wichtig ist, was der Domino-Effekt passend erklärt. Dieser beschreibt den Prozess, bei dem ein Ereignis eine Folge ähnlicher Ereignisse auslöst. Zum Beispiel könnte dies das Einkaufen in Secondhand-Läden sein, wodurch immer mehr Menschen dem Vorbild folgen und somit die Nachhaltigkeit fördern. Darüber hinaus ist es jedoch fragwürdig, inwiefern der Staat derartige Aktionen unterstützt. Bezogen auf das Beispiel wäre hier eine staatliche Unterstützung der Secondhand-Läden von Vorteil. Außerdem kann leider niemand eine exakte Prognose für die Zukunft Europas aufstellen. Durch die Veranstaltung wurde aber sehr deutlich, dass wir schnellstmöglich handeln müssen, vor allem bezüglich des Klimas und der Migration. Diese Problemfelder sind schließlich nicht nur auf europäischer Ebene relevant, sondern Bestandteil internationaler Krisen und beeinflussen unser Leben somit erheblich. Bedauerlicherweise wurden diese Problematiken aufgrund der Corona-Pandemie vernachlässigt, was wir unbedingt verändern müssen. Nicht bis 2050, sondern jetzt. „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ – Mahatma Gandhi Wir möchten uns herzlichst bei den Expert*innen des Deutsche Gesellschaft e.V. für diesen besonderen Tag bedanken. Ein großer Dank gilt ebenfalls unserem G/R/W-Lehrer Herrn Pfennig, der den Workshop ermöglichte.
-- Elisa Meschner und Lilli Wehner (Klasse 11)