Die Feder-Grotesk von J. Erbar und das große „sz”
Bei verschiedenen Schriftstücken ist es notwendig, Wörter mit ß in Versalien (Großbuchstaben) zu schreiben. Das betrifft z.B. Ortsnamensschilder oder auch Grabmalbeschriftungen. Hier ist die Anwendung de Großbuchstaben „ß“ nicht nur wünschenswert sondern eigentlich unerlässlich.
2008 wurde das große „ß“ als Zeichen in den Unicode (U+1E9E) aufgenommen. Seit dem 29.06.2017 ist des große „ß“ offizieller Teil der deutschen Rechtschreibung.
Aber das sagenumwobene große „ß“ ist schon viel älter. Auf dem Titel des blauen DDR-Dudens aus dem Jahre 1965 ist der exotische Buchstabe schon mal zu sehen, setzte sich aber nicht weiter durch.
Das große „ß“ ist jedoch schon in viel älteren Schriften zu sehen. In einem Vorlageheft für Schriften findet sich das versale „ß“ in der Schrift Feder-Grotesk von Jakob Erbar. In dieser Schrift sind neben dem großen „ß“ auch bei den Kleinbuchstaben gleich drei s-Laute entworfen worden, das Lang-s, das kurze oder Schluss-s und das ß.
Jakob Erbar (*02.08.1878 - †01.07.1935) war von Beruf Schriftsetzer und arbeitete viele Jahre als Lehrer in Berufsschulen in Düsseldorf und Köln.
Das interessante an dieser Geschichte ist ebenfalls, dass die Schrift Feder-Grotesk gleich in zwei Varianten digitalisiert wurde.
Einmal wird sie unter dem Namen Federo auf vielen Fontseiten als Freefont der Firma cyreal (von Olexa 2011 digitalisiert) angeboten.
Gleichfalls gibt es auch eine Variante der Firma ParaType unter dem Namen Romanovsky. Digitalisiert wurde die Schrift von Olexa Volochay und Vasily Biryukov. Die Romanovsky-Variante ist bei MyFonts erhältlich. Die Federo kann man z.B. bei Google Fonts.
In beiden Schriften sind viele neue und modere Zeichen eingefügt wurden. So wurde unter anderem das @-Zeichen ergänzt, welches in der Schrift von J. Erbar noch nicht vorkommt.
Leider ist in beiden Schriften weder das kleine Lang-s noch das von J. Erbar schon damals entworfene große „ß“ mit implementiert. Auch die Form stimmt nicht ganz mit der mir vorliegenden Vorlage überein.
In dem Musterheft sind auch noch Initiale und Schmuckelemente zur Feder-Grotesk abgebildet.Ein neue umfangreiche Digitalisierung der Feder-Grotesk wäre somit wünschenswert.