Typografische Fundstücke - Norwegen - Runen und mehr … Teil 1
Zehn Tage lang führte mich eine Schiffsreise nach Norwegen – in das Land der „Nordmänner“ und Wikinger.
Es ging die Westküste Norwegens entlang mit Stationen in Bergen – Geiranger – Hellesylt – Andalsnes – Molde – Trondheim – Alesund – Eidfjord – Stavanger zurück zum Startpunkt Hamburg.
Mein besonderes typografisches Interesse galt dabei natürlich den Runen. Und so habe ich mich natürlich mit Hilfe von Fachliteratur vorbereitet.
1. Was sind Runen?
Runen sind die Schriftzeichen der „Germanen“.
Die Runen des Futhark folgen einem einfachen Baukasten. Sie bestehen aus
- Stäben
- Zweigen und
- Haken.
Diese treten in verschiedenen Kombinationen auf. Dabei gibt es jedoch gewisse Regeln.
Die meisten Runen bestehen aus ein bis zwei Stäben. Dazu können Zweige und Haken kombiniert werden.
Haken und Doppelhaken können ebenfalls alleine Runenzeichen bilden. Zweige müssen dagegen immer mit einem oder mehreren Stäben kombiniert werden.
Runen werden in der Regel, wie unsere Schrift, von links nach rechts geschrieben. Es ist jedoch auch die Richtung von rechts nach links möglich oder Schrift mit Richtungswechsel. Es gibt aber auch viele Runeninschriften von oben nach unten.
In Runeninschriften wurden auch zum Teil Interpunktionen zum Abschluss von Gedanken und Inschriften benutzt. Zum Einsatz kamen Punkte oder Symbole (die man nicht den Runen zuordnen konnte).
2. Welche grundlegenden Runenarten unterscheidet man im Norden?
Runen ist der Name der Schriftzeichen, die wahrscheinlich seit dem Anfang unserer Zeitrechnung durch die germanischen Stämme in Europa benutzt wurden. Der Begriff „Rune“ bedeutet ursprünglich wahrscheinlich „geheim“.
Für die Herkunft der Laufschrift gibt es verschiedene Theorien. Die Runenschrift des Nordens nennt man „FUTHARK“. Das Wort setzt sich aus den ersten sechs Zeichen der jeweiligen Runenreihe zusammen. Dabei unterscheidet man das ältere und das jüngere Futhark.
Das ältere Futhark besteht aus 24 Runenzeichen und war von ca. 200 v. Chr. bis 500 n. Chr. in Verwendung.
Viele der alten Runenschriften des älteren Futhark beschäftigen sich mit dem Runengott Odin oder auch Wodan. Dabei spielen vor allem Mystik, Zauber und Magie eine große Rolle. Ob Runen auch für die Dokumentation von alltäglichen Dingen genutzt wurden, ist nicht gesichert, da viele Runen wahrscheinlich auch auf Holz geritzt wurden, das die Zeit nicht überdauert hat.
Das jüngere Futhark besteht aus nur noch 16 Runenzeichen. Es wurde vor allem von den Wikingern verwendet. Zeugnisse dafür gibt es von ca. 700 n. Chr. bis ins 11 Jahrhundert.
Die Verkürzung des Runenreihe geht einher mit der Christianisierung des Nordens und dem damit verbundenen Wechsel auf des römische Schriftsystem. Nichts desto trotz gibt es besonders in Schweden eine große Anzahl von Grabstätten mit mächtigen Runensteinen mit Inschriften aus dem jüngeren Futhark.
Ein Sonderstellung bei den Runenzeichen war das angelsächsische Futhorc.
Diese Runenzeichen findet man vor allen auf den britischen Inseln, was wohl ein Beweis für die Anwesenheit und Bevölkerung der germanischen Stämme in Britannien ist. Das Futhorc bestand aus 33 Runenzeichen. Es überdauerte die Christianisierung und war bis ins 10 Jahrhundert in Verwendung.
3. Runen auf meiner Norwegenreise
Leider habe ich auf meiner Norwegenreise keine echten Runen gesehen. Die großen Runensteine stehen mehr im Landesinneren als in den Küstenregionen. Einzig und allein in Trondheim gab es die Gelegenheit, ein altes Zeugnis der Runenkunst zu besichtigen. Im Museum der NTNU (Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet) – der Technisch-Naturwissenschaftliche Universität Norwegens – befindet sich der sogenannte „Kulistein“. Der Runenstein wurde auf der Insel Kuli – einer keinen Insel vor der Westküste Norwegens gefunden.
(Bild vom Kulistein - Quellenangabe: Von Arne Kvitrud - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0)
Der „Kulistein“ ist ca. 1000 Jahre alt. Das Interessante an diesem Runenstein ist, dass er sowohl christliche Symbolik – ein großes Kreuz – als auch eine Runeninschrift enthält. Die Inschrift auf dem „Kulistein“ ist die älteste historische norwegische Quelle, die das Christentum und den Namen des Landes „Norge“ erwähnt.
Leider habe ich zu spät von dem „Kulistein“ im Museum der NTNU erfahren und so war das Museum schon zu und das Schiff schon wieder auf hoher See. Allerdings hat die Webseite der NTNU eine tolle 3D-Animation, auf der man den „Kulistein“ von allen Seiten betrachten kann.
Eine kuriose Begegnung mit Runen hatte ich doch noch auf meiner Norwegenreise. In einer „Fjordbuda“ (norwegische Bezeichnung für Andenkengeschäfte) entdeckte ich einen Norwegen-Schlüsselanhänger mit „Runenzeichen“ :).
Allerdings wird es einem Runenforscher und hobbytypografisch Interessierten die Sprache verschlagen. Auf dem Anhänger ist das Wort „NORWAY“ – für Norwegen mit vollkommen verkehrten Runen dargestellt. Teilweise gibt es die Zeichen gar nicht als Runen oder sie stehen auf dem Kopf, wie die das „W“ welches eigentlich die Rune für den Buchstaben „M“ ist (siehe altes FUTHARK). Also eigentliche eine runische Veralberung. Schade – dort hätte gut das „Norge des „Kulisteins“ gepasst.